Künstliche Intelligenz im Business: Warum Expertise wichtiger ist als jedes Tool
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und wenn etwas neu, glänzend und mächtig aussieht, will er es haben. Sofort. Ohne Anleitung, bitte.
So läuft das mit ChatGPT, Midjourney, Leonardo und dem ganzen anderen AI-Zauberzeug.
Plötzlich wird aus der neuen Technologie eine Art digitaler Heilsbringer – bereit, uns Zeit, Geld und Denken zu ersparen.
Spoiler: Wer nicht denkt, spart auch nichts.
Denn was gerade passiert, ist bezeichnend für unsere Zeit:
Eine mächtige Technologie wird missverstanden – und von einigen cleveren Verkäufern gnadenlos kapitalisiert.
Wenn’s zu gut klingt, um wahr zu sein…
Neulich stolpere ich über die Headline eines Online-Kurses:
„Wie du mit KI pro Tag 3 Stunden Zeit einsperrst“.
Allein dieses Wording sagt schon alles. Als würde man Zeit fesseln und knebeln können, wenn man nur den richtigen Prompt schreibt.
Und gleich daneben das Versprechen:
Du brauchst keine Vorkenntnisse, keine Technikaffinität, kein Fachwissen – einfach Kurs buchen, Tools starten, Geld zählen.
Nein. Einfach nein.
Denn das Einzige, was du ohne Vorkenntnisse mit AI einsperrst, ist dein gesunder Menschenverstand.
ChatGPT ist wie Excel: Wer nichts weiß, bekommt auch nichts raus
Der Vergleich ist alt, aber goldrichtig:
Künstliche Intelligenz ist wie Excel.
Wer weiß, wie Formeln, Zellbezüge und Pivot-Tabellen funktionieren, kann damit Wunder wirken. Wer keine Ahnung hat, produziert halt bunte Kästchen.
Das Gleiche gilt für ChatGPT & Co.
Wenn du dein Thema beherrschst, wird AI zum Turbo. Wenn nicht, bleibt’s beim digitalen Placebo.
Und das ist nicht die Schuld der Technologie – sondern unseres Umgangs mit ihr.
Von Tools, Taktiken und Taschenspielertricks
Ich beobachte es immer öfter:
Selbsternannte „Dozenten“, Coaches und „KI-Trainer“, die nach einem kurzen Prompt-Kurs glauben, sie könnten anderen den Weg zum AI-Profi zeigen.
Und statt fundierter Strategien liefern sie vor allem: Tool-Listen.
Copywriting mit diesem Tool. Keyword-Recherche mit jenem. Bilder generieren mit einem Klick.
Und voilà – fertig ist das digitale Imperium.
Wirklich?
Wer gestern noch gerade den Computer eingeschaltet hat, soll heute Ads schalten, Content planen, Strategien bauen – nur mit Hilfe ein paar cleverer Plugins?
Versteht mich nicht falsch:
Ich bin absolut dafür, dass es KI-Einführungen gibt.
Gerade für Menschen, die sich bisher kaum mit digitaler Technologie beschäftigt haben, ist es wichtig, die Möglichkeiten zu verstehen.
Aber man muss auch ehrlich sein: Wer nicht weiß, wie Zielgruppen ticken, wie ein Produkt sich verkauft, wie gute Sprache klingt – der kann auch mit zehn Tools nichts Relevantes bauen.
Oder um es mit einem alten Sprichwort zu sagen:
„Aus einem Esel wird kein Rennpferd, nur weil er einen Sattel trägt.“
KI ist kein Shortcut. Sondern ein Spiegel.
Was AI tut, ist einfach: Sie verarbeitet, was du ihr gibst.
Inhaltlich. Sprachlich. Strategisch.
Sie skaliert dein Können – oder deine Beliebigkeit.
Deshalb ist es auch so gefährlich, wenn Werbeanzeigen plötzlich nur noch mit offensichtlich AI-generierten Bildern arbeiten.
Du kennst das: Ein hyperrealistisches Model mit 150%-Haut, zu perfekten Proportionen – und fünf Fingern an jeder Hand, meistens.
Effektvoll? Vielleicht.
Glaubwürdig? Eher nicht.
Und das gilt nicht nur fürs Visuelle.
Auch Texte, die klingen, als hätte jemand den Prompt „Schreibe einen motivierenden LinkedIn-Post mit Mehrwert“ eingegeben, sind mittlerweile überall.
Doch was fehlt? Persönlichkeit. Stil. Haltung.
Was wirklich zählt: Tiefgang statt Tempo
Die klügere Herangehensweise lautet deshalb:
Erst verstehen, dann gestalten. Erst denken, dann skalieren.
Wer sich mit seinem Fachgebiet intensiv beschäftigt, wer seine Kunden kennt, wer echtes Handwerk beherrscht – der wird von ChatGPT & Co. enorm profitieren.
Aber eben nicht anstatt, sondern wegen seiner Erfahrung.
AI ist kein Ersatz für Authentizität, sondern ein Verstärker deiner Identität.
Oder wie es Peter Drucker so schön formuliert hat:
„There is nothing so useless as doing efficiently that which should not be done at all.“
Und genau das ist die Gefahr: Prozesse zu optimieren, die nie Substanz hatten.
Fazit: Nicht jeder, der ein Tool bedient, ist ein Profi
Es geht nicht darum, ob du KI nutzt. Sondern wie.
Nicht, ob du schneller wirst. Sondern besser.
Und nicht, ob du Geld verdienst – sondern ob du einen Wert schaffst, der Bestand hat.
Die wahren Gewinner dieser Entwicklung sind nicht die Lautesten oder Schnellsten. Sondern die mit Haltung, Erfahrung – und einem echten Verständnis für das, was sie tun.
Also bitte: Mach dir KI zunutze. Aber mach dich nicht von ihr abhängig.
Denn wer sein eigenes Denken auslagert, sollte sich nicht wundern, wenn er sich selbst irgendwann nicht mehr wiedererkennt.