Es war einmal eine Zeit, da tippte man „beste Kaffeemaschine 2023“ ins Suchfeld, drückte Enter – und bekam eine Liste mit maschinell verarbeiteten Vorschlägen. Heute lautet die Eingabe eher: Und siehe da: Die KI antwortet. Freundlich, höflich, kompetent klingend. Fast wie ein gut gelaunter Barista mit Datenbankanschluss. Klingt magisch. Ist es aber nicht. Denn die neue Suchwelt, die sich gerade vor unseren Augen entfaltet, ist zweischneidig: Auf der einen Seite steht die faszinierende Fähigkeit von KI, Sprache menschlich zu simulieren. Auf der anderen Seite die Illusion, dass sie deshalb auch menschlich denkt. Und das führt zu einem gefährlichen Trugschluss – sowohl für Nutzer als auch für Marketer.
Die klassischen Keywords haben ausgedient. „SEO-optimierte“ Texte, die aussehen wie aus einem Maschinengewehr geschossen – „günstig + Espresso + Test 2025“ – sind auf dem absteigenden Ast. Stattdessen gewinnt das, was man in Marketingkreisen als „semantische Intelligenz“ feiert: Suchmaschinen analysieren nicht mehr nur was du schreibst, sondern was du meinst. Kontext statt Komma. Ein Segen? Vielleicht. Ein Risiko? Ganz sicher. Denn diese neue, dialogische Suche weckt Erwartungen – an Relevanz, Präzision und sogar Urteilskraft. Wenn ein User fragt: „Welche Maschine macht Kaffee, der nach Italien schmeckt?“ Aber Moment mal. Seit wann hat KI Geschmacksknospen?
Ein kürzlich ausgestrahlter Bericht auf n-tv zeigt das Dilemma (von Mensch und Maschine!). Der Redakteur fragt ChatGPT Shopping: „Welche ist die beste Kaffeemaschine für unter 200 €, die dem Geschmack von Kaffee in Italien nahe kommt?“ Die KI antwortet. Mit Marken. Preisen. Versprechungen. Was dabei übersehen wird: Diese KI hat nie Kaffee getrunken. Sie kennt kein Aroma, keine Crema, keinen bitteren Nachgeschmack am Gaumen eines Montags. Sie rekombiniert Bewertungen, Testberichte, Buzzwords – aber ohne Urteilsfähigkeit. Das wäre, als würde man einem Papagei das Michelin-Ranking vorlesen lassen und ihn dann fragen, wo man heute Abend essen gehen soll. Nebenbei gesagt, der Redakteur war von dem Ergebnis nicht wirklich begeistert… Und genau hier beginnt die eigentliche Herausforderung – für Nutzer, aber vor allem für Unternehmen, die sich über Suchmaschinen positionieren wollen: Wie erzeugst du Relevanz in einer Welt, in der Maschinen so tun, als wären sie Menschen? Die Antwort ist brutal ehrlich: Indem du Mensch bleibst. KI kann erklären, beschreiben, verlinken. Aber sie kann nicht erleben. Sie kennt keine echten Fehler, keine echten Kunden, keine echten Aha-Momente. Vertrauen entsteht nicht durch Sprache allein, sondern durch gelebte Kompetenz, Haltung, Konsequenz. Deshalb schlagen auch in der KI-Ära noch immer dieselben Prinzipien: Für Marketer heißt das: Lass dich nicht von der Technik blenden. Nutze KI, um Inhalte schneller zu produzieren, aber nutze dein Hirn (und dein Herz), um sie besser zu machen. Wer heute auf die KI-Suchmaschine setzt, als wäre sie ein allwissender Guru, wird schnell feststellen: Sie gibt dir, was du hören willst – nicht, was du wirklich brauchst. Und wer Marketing betreibt, als würde ein Algorithmus entscheiden, wer gewinnt, verpasst die Chance auf echte Differenzierung. Die Zukunft der Suche ist menschlicher geworden. Das heißt nicht, dass sie menschlich ist. Es bleibt unsere Aufgabe, den Unterschied zu machen – mit Substanz, Klarheit und dem Mut zur Meinung. Oder um es mit einem Augenzwinkern zu sagen 😉:
„Welche Siebträgermaschine macht richtig guten Espresso wie in Italien – unter 1000 Euro?“Die Ära des Dialogs: Wenn Google plötzlich zuhört
…dann erwartet er nicht nur eine Liste von Produkten, sondern eine Meinung. Eine Empfehlung. Eine Erfahrung.Der italienische Espresso, den GPT nie probiert hat
Warum Vertrauen kein Datensatz ist
Die Marketing-Lektion: Maschinen sprechen, aber du überzeugst
KI ist ein mächtiges Tool, aber kein Ersatz für Substanz.
Fazit: Die Maschine spricht – aber du musst etwas zu sagen haben
Die Maschine weiß vielleicht, wie man „italienischer Geschmack“ buchstabiert.
Aber du weißt, wie er schmeckt.
Vielen Dank, Jens! Du hast es wirklich nochmal gut zusammengefasst. Authentizität mit Herz und Verstand. Liebe Grüße aus Hamburg!
Liebe Sonja,
vielen Dank für deinen Kommentar – das freut mich sehr! Gerade in dieser KI-getriebenen Welt ist Authentizität wichtiger denn je. Umso schöner, dass das rübergekommen ist. Liebe Grüße nach Hamburg!
Lieber Jens,
dein neuer Blogbeitrag hat mir sehr gut gefallen. Er ist unterhaltsam geschrieben und spiegelt meine Meinung zu KI und unserem Umgang mit ihr sehr gut wider. Du hast viele wichtige Punkte aufgegriffen. Vor allem diese Zitate gefallen mir: “KI kann erklären, beschreiben, verlinken. Aber sie kann nicht erleben.”
und
“Nutze KI, um Inhalte schneller zu produzieren, aber nutze dein Hirn (und dein Herz), um sie besser zu machen.”
KI ist ein gutes Werkzeug und kann uns viele Dinge erleichtern. Aber wir als Menschen haben von Natur aus die Fähigkeit, andere emotional zu erreichen und zu bewegen und sie zum Nachdenken anzuregen. Dies ist nichts, das sich einfach so „nachahmen“ lässt – und das ist auch gut so. Und deshalb sollten wir bei allem, was wir mit KI angehen, immer diesen Teil von uns mitgeben und v.a. selbst denken/hinterfragen. 🙂
Liebe Sarah,
dein Kommentar hat mich sehr gefreut – danke für deine wertschätzenden Worte und deine kluge Ergänzung!
Gerade dein letzter Satz bringt es wunderbar auf den Punkt: Bei aller technologischen Faszination sollten wir nicht vergessen, was uns Menschen ausmacht – unsere Fähigkeit, zu fühlen, zu hinterfragen, zu berühren.
KI kann ein Raketenantrieb sein. Aber wohin die Reise geht, das müssen wir selbst entscheiden.
Und ja, Empathie lässt sich nicht automatisieren – sie entsteht im echten Kontakt, im echten Erleben. Deshalb gilt für mich: KI ist ein Werkzeug. Unser Verstand und unser Herz bleiben das Steuer.
Danke, dass du genau diesen Gedanken nochmal so schön verstärkt hast.
Herzliche Grüße
Jens